von Nepomuk » Mittwoch 4. März 2015, 18:57
Hallo Dagmar,
wir sind seit 6 Monaten in Uruguay - und bekanntlich sieht man als Neuling viele Dinge klarer als ein "Einheimischer" nach vielen Jahren Aufenthalt.
Zur Wahl des Standortes:
So gut wie alle Städte in Uruguay sind abscheulich hässlich - jedenfalls in den Augen eines Mitteleuropäers.
Ausnahme sind die Altstädte von Colonia del Sacramento und MVD. Einige der Küstenstädtchen westlich von MVD sind noch erträglich, Atlántida etwa.
Es gibt große Stadtregionen die wirklich wie Dritte-Welt–Slums aussehen – Pando etwa. Eine Horrorvorstellung, dort leben zu wollen.
Das Klima in U ist sehr abhängig davon, wo man wohnt. Ab gut 50km von der Küste ins Landesinnere wird es spürbar heißer (wir haben versch. Freunde dort, etwa in Minas und Mariscala), die Nächte im Winter sind kälter (bis -5°C). In Richtung brasilianischer Grenze schient die Regenhäufigkeit zuzunehmen – was wir aber nach dem sehr sonnigen Sommer gar nicht als Nachteil empfinden würden.
Direkte Küstennähe erkauft man im Sommer mit hoher Luftfeuchtigkeit und Schwüle.
Wir wohnen (mieten) derzeit ca. 40km Luftlinie von der Küste entfernt auf 130 Höhenmetern: Fast jedes Mal, wenn wir von einem Einkauf an der Küste zurückkehrten, haben wir erleichtert aufgeatmet, so viel angenehmer war es bei uns.
Tourismus erleben wir ausschließlich direkt am Küstensaum, also quasi in Sichtweite des Meeres; dahinter flaut es sehr rasch ab.
Die negative Seite der fruchtbaren Böden in Nähe des Uruguay und anderer Flüsse sind, wie schon erwähnt, die Pestizidbelastungen und der Einsatz von Monsanto. Wir leben derzeit in einer Hügelregion, wo fast ausschließlich Viehwirtschaft betrieben wird und möglich ist. Wenn man hier die Nähe von Weinbau meidet – dort wird gespritzt wie verrückt, ein mir bekannter deutscher Winzer konnte darüber nur den Kopf schütteln – ist die Natur und sind das Grundwasser sauber.
Auf dem Land kann man sich ev. auch ein „chacra“ leisten, auf der man bauen und tun und lassen kann was man will – frei von behördlicher Gängelung, sofern man ein rural-Grundstück hat. Zudem ist die Grundsteuer sehr bescheiden: Ein mir bekannter Kanadier bezahlte bisher für sein Haus mit 1ha Land 380 Peso (ca. 15 Euro) Jahressteuer. Durch einen Behördenfehler wurde sein Anwesen jetzt als urban eingestuft. Die neue Steuer, die man verlange, betrug 58.000 Pesos (ca. 2.300 Euro) – eine Steigerung von 15.000 %.
In unserer Region ist allerdings die Bodenqualität oft miserabel – mit Gemüsegarten und schönen Obstbäumen wird es dort wohl nichts.
Bedenkenswert sind noch die hohen Preise in Uruguay. Nach meinen sorgfältigen Recherchen liegen Kosten für Lebensmittel bei 140% bis 170% der deutschen (ich kann gerne Detailinfos dazu nachliefern!). Dieseltreibstoff z.B. ist mit 1,37 Euro fast zwanzig Cent teurer als im schon sehr teuren D. Alle Technikartikel sind sehr viel teurer als in D: Uruguay gehört nach meinen heutigen Erfahrungen zu den Ländern mit den höchsten Lebenshaltungskosten weltweit. Wer zudem seinen Lebensunterhalt mit Einnahmen aus D bestreitet, ein rentner etwa, muss zukünftig mit drastisch sinkenden Einnahmen rechnen, weil der Euro noch in diesem Jahr vor einem weiteren rasanten Verfall stehen dürfte.
Ich habe Freunde in Paraguay. Nach deren Berichten und Erfahrungen kann man von diesem Land nur dringend abraten – so viel preiswert es auch ist.
Trotzdem bereuen wir keinen Tag, den Schritt nach Uruguay gemacht zu haben.
Viel Glück!
Nepomuk