Hola Leute,
wo ich schon dabei bin etwas aus dem Nähkästchen zu plaudern, hier noch ein wenig mehr.
Ein Geheimtipp für ganz Eilige, die die uruguayische Aufenthaltserlaubnis erhalten wollen, sind die Büros der Migrationsbehörde im Landesinneren, z.B. in Maldonado, "wo man einfach hingeht und keinen Termin braucht" wie in Montevideo. Vorletzten Freitag habe ich das zum ersten Mal mit einem Kunden ausprobiert. Wir sind getrennt dort hingefahren, da er anschließend einige Tage in La Barra verbringen wollte.
Um 12.00 Uhr waren wir vor der Einwanderungsbehörde verabredet. Zehn vor zwölf kam ich dort an. Erste Überraschung: Wenn ich nicht gewußt hätte, daß ich richtig war, hätte ich in der kleinen Bude, die ich da vorfand, nie eine staatliche Behörde vermutet. Zweite Überraschung: Als ich das Büro betrat, sah ich aus dem Augenwinkel eine kleine Aufschrift an der Glastür: "Inicio de trámites hasta las 12.00 hs.", was heißt: "Stellung von Neuanträgen bis 12.00 Uhr". Au weia, das hatte mir niemand gesagt, als ich dort angerufen und mich erkundigt hatte. Aber ich war ja zum Glück kurz vor zwälf angekommen, dachte ich hoffnungsfroh, und mein Einwanderer müßte ja auch gleich kommen. Wir waren per Handy in Kontakt gewesen.
Im Büro saßen zwei gelangweilte Damen. "Guten Tag", sagte ich, "wir kommen, um einen Einwanderungsantrag zu stellen. Der eigentliche Interessierte müßte jeden Moment eintreffen. Er war mit seinem Auto kurz hinter mir" <freundlich lächel>. "Wenn er vor zwölf kommt, kein Problem!", meinte die eine <schluck, bibber>. "Wir wußten nicht, daß das nur bis zwölf geht, und haben eine längere Anreise hinter uns", versuchte ich die Kuh vom Eis zu bringen.
"Ich kann ja auf jeden Fall mal die Unterlagen anschauen. Geben Sie die mal her", sagte die Dame <freu>. "Ich hab' nur einen Teil davon, den Rest bringt der Mann selber mit", sagte ich und reichte ihr das polizeiliche Führungezeugnis und den notariellen Einkommensnachweis. "Das Führungszeugnis ist ja schon gut vier Monate alt", beschied die Dame in kritischem Tonfall. "Ich weiß", entgegnete ich mit schwindender Hoffnung, "aber es darf ja bis zu sechs Monate alt sein", fügte ich so forsch wie möglich hinzu. "Wir akzeptieren nur Führungszeugnisse, die nicht älter als drei Monate sind", hörte ich die Dame sagen

"Der Mann müßte jetzt gleich kommen. Ich stell mich mal draußen hin, damit er mich sieht", sagte ich ohne auf ihr letztes Statement einzugehen, und verließ den Raum. Ich mußte erst mal tief durchatmen und wieder einen klaren Kopf bekommen.
Mein Kunde kam dann auch wenig später angefahren. Inzwischen war es so zehn nach zwölf. Nach einer kurzen Krisenbesprechung gingen wir siegentschlossen rein, frei nach dem Motto "Libertad o Muerte". Die Dame sah sich die restlichen Unterlagen an. "Die sind in Ordnung", befand sie, "aber trotzdem ist es jetzt schon nach zwölf, und das Führungszeugnis darf nicht älter als drei Monate sein" <schluck>.
Da hatte ich einen Geistesblitz. "Sie haben Recht", schmierte ich ihr Honig um den nicht vorhandenen Bart, "das war lange Zeit so. Inzwischen wurde jedoch die Frist auf sechs Monate erweitert." Und dann spielte ich meine Karte, die uns hoffentlich den Erfolg bringen würde: "Warum rufen Sie nicht in der Rechtsabteilung von Migración in Montevideo an und vergewissern sich?"
Diese Herausforderung wollte die Frau nicht auf sich sitzen lassen. Siegessicher stand sie auf und ging zum Telefon. Als am anderen Ende jemand antwortete, sprudelte sie los: "Polizeiliche Führungszeugnisse sind drei Monate gültig, stimmt's?" Und dann fiel ihr die Kinnlade runter...

Zerknirscht kam sie wieder an den Tisch. Ich hatte Recht gehabt, und das war ihr wohl etwas peinlich. Um diese Scharte auszuwetzen, nahm sie dann den Einwanderungsantrag an. Wir hatten gewonnen!!

"Aber nur ausnahmesweise", murmelte sie, "in Zukunft wissen Sie es: nur bis zwölf!" "Ja! Danke, sehr nett von Ihnen", war meine erleichterte Antwort.
Als sie fertig war, wollte ich das Aktenzeichen ("Número de expediente") erfahren und "den Schein für das Paßamt" bekommen, den man braucht, um die vorläufige Cédula machen lassen zu können. Da gab es dann wieder Überraschungen. "Wir schicken das jetzt alles nach Montevideo, wo die Unterlagen ungefähr am Mittwoch ankommen werden. Die versehen den Antrag mit einem Aktenzeichen, und alles Weitere müssen Sie dann dort holen" <baff guck>. "Wie, äh, dann können wir den Schein für das Paßamt jetzt nicht mitnehmen?" Ein Kopfschütteln war die Antwort.
In Montevideo erfuhr ich dann am Mittwoch: "Die Unterlagen kommen zwar nach ungefähr einer halben Woche bei uns an. Aber dann muß der Antrag erst einmal in das System eingegeben werden. Alles in allem kann das ungefähr zwei Wochen dauern."
Wieder was gelernt!
Saludos, Manfred